Schkopau
Ein Schwenk der Drehbühne des Aleksander Denić lässt in der Götterdämmerung eine immense, die gesamte Höhe der Bühne ausfüllende Firmenwerbung erkennen : PLASTE und ELASTE (mitsamt ihrem schnöden Kontrapunkt „Obst und Gemüse“ in einem anderen Teil des Bühnenbildes. Diese Kunststoff produzierende Firma aus Ostdeutschland spricht in der Sprache des Ostens : „Plaste und Elaste aus Schkopau“. Im Osten sagte man nicht Plastik oder Elastik, sondern Plaste und Elaste…). Schkopau ist eine Stadt, nach der alle schon in ihrem kleinen persönlichen Wiki gesucht haben : Es liegt nahe der sächsischen Stadt Halle, unweit der chemischen Industrieanlagen von Merseburg. Wir lernen weiter, dass Schkopau im 12. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurde und seine Burg mehr als vier Jahrhunderte lang von der (wohl bekannten) Familie von Trotha bewohnt wurde.
Castorf hingegen ist an Schkopau interessiert, da es zu DDR-Zeiten Sitz der petrochemischen Buna-Werke war, dem Symbol der Industrialisierung der Deutschen Demokratischen Republik und seiner Bindung ans Erdöl. „Plaste und Elaste aus Schkopau“ ist eine Reklame, die alle Ostdeutschen von der Autobahn her kennen und die daher einigen Zuschauern im Saal, die jene Periode erlebt haben, etwas sagen müsste, aber sie ist auch ein starkes „Zeichen“ der DDR, und dieses Zeichen ist mit dem Erdöl verbunden. Auf Castorfs ideologischer Landkarte – und ihrem Abbild, dem Ring – ist Schkopau der obligatorische Übergang. Es markiert den Kult der kommunistischen Ideologie ums Erdöl als Zeichen der Macht. Auf die Tankstelle im Rheingold, das Öl im amerikanischen Alltag, antwortet Schkopau, die erdölverarbeitende Fabrik der Sozialisten. Jedem sein Öl, jedem sein Gold… und am Ende gewinnt die Wall Street.