Man hätte denken können, dass eine Arbeit, die sich mit den letzten 150 Jahren und Deutschland befasst, direkter auf den Nationalsozialismus zu sprechen kommt. Anders als im Parsifal Stefan Herheims oder den Meistersingern von Katharina Wagner wird diese Frage nicht direkt gestellt. Frank Castorf hat das zentrale Thema des Rings, Gold und Macht, vermittels der Geschichte des schwarzen Goldes und jener Mächte behandeln wollen, die versuchen, es in ihren Besitz zu bringen oder es unter sich aufteilen. Die Frage der Nazi-Ideologie als solche interessiert ihn hier einzig im Verhältnis zur Frage des Öls. Er lässt sie indirekt anklingen, was auf zweierlei Art geschieht :

  • In der Walküre wird unmittelbar die Frage der Erdölfelder Bakus in Erinnerung gerufen, die im Zweiten Weltkrieg mit der „Operation Edelweiss“ (ehedem „Siegfried“) zum Streitobjekt wurden, als sich Hitler mit ihrer Eroberung die Kontrolle über die Treibstoffversorgung sichern wollte.
  • In der Götterdämmerung erinnert eine riesige Leuchtreklame an die Firma Buna, die in Auschwitz einen ausgedehnten petrochemischen Komplex errichtet hatte, betrieben mit Zwangsarbeitern und Arbeitskräften aus dem Konzentrationslager. Der Nationalsozialismus findet hier vermittelt über die Geschichte einer Firma Erwähnung, die in der Weimarer Republik entstanden war, von den Nazis ausgebaut wurde (nach wie vor um sich die Kontrolle über die Energieversorgung sowie die chemischen Mittel zur Gummiherstellung zu sichern) und von der sozialistischen DDR weiterbetrieben wurde. Das Erdöl hat auch etwas mit der Shoah zu tun.

Der Nationalsozialismus wird folglich nicht ausdrücklich erwähnt, klingt aber zwischen den Zeilen an, im Prisma der Ölkriege und ihrer mittelbaren Auswirkungen.

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