Fricka
Das Erwachen ist schwer. Als Fricka in einem Zimmer des Golden Motel ein Auge öffnet, stellt sie fest, dass sie die Nacht mit Wotan verbracht hat… und ihrer Schwester Freia. Nun gilt es, die Spuren dieser Nacht trunkener Ausschweifung schnellstens zu beseitigen :
"Wotan, Gemahl, erwache!"
Die Walhalla ist gebaut. Schnell, schnell… raus aus dem Bett und zurück in die Wirklichkeit. Der Herr des Hauses schwebt noch hoch droben in den Wolken seiner Träume, während die lüsterne Gespielin sich um ihre Schwester sorgt, mit der die Rechnung beglichen werden soll. Man planscht in der Posse, das reinste Dallas ; im Paar Wotan-Fricka lässt sich unschwer J.R. Ewing und Sue Ellen erkennen…
Im Rheingold lässt Fricka die Ereignisse über sich ergehen, versucht eine gute Figur zu machen, um die Eskapaden Wotans vergessen zu machen. Durch die Macht von Gold und Ring blind wie er, drängt sie ihn, den Schatz an sich zu reißen, auch wenn das bedeutet so zu tun, als habe man vergessen, dass Freia verschachert wurde. In der Walküre übernimmt sie das Steuer, bedrängt und beschuldigt ihren Mann im Namen des Schutzes von Gesetz und legitimer ehelicher Liebe. Unter dem Vorwand, die inzestuöse Liebe der Zwillinge Siegmund und Sieglinde zu verurteilen, ringt sie Wotan das Versprechen ab, seinen eigenen Sohn in den Tod zu schicken.
Um dem Undank und der Starre des Charakters materielle Form zu verleihen, entscheidet sich Castorf, die Nervensäge als stinkreiche Alte im weiten dunklen Kleid zu zeigen, um die Stirn eine goldene Kette gewunden. Anstelle des von Ziegen gezogenen Wagens wird sie von einem Arbeiter getragen (2016 sitzt sie auf ihm) und schlägt mit Genuss auf ihn ein. Diese Karikatur sozialer Herrschaft fügt der demütigenden Kasuistik eine weitere Dimension hinzu, die Wotan am Ende zu Fall bringt – gefangen in den Regeln, die er selbst erlassen hatte.