Die Lehre aus dem Ring lässt sich in einem Satz zusammenfassen : Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Das wertvolle Metall interessiert Castorf nicht unmittelbar, es ist ein Köder, ein Lockvogel. Das wahre Gold, der wahre Stoff der Macht ist, wir wissen es, das schwarze Gold. Niemand zeigt reales Interesse an dem Metall, das mit Ausnahme der im Rheingold flüchtig in Mimes Wohnwagen erkennbaren Goldbarren, im Allgemeinen nur in Form billiger Pailletten auftaucht. Ebenfalls im Rheingold finden wir diesen Flitterkram im Rhein-Pool hinter dem „goldenen“ Motel wieder. Als offenkundiges Zeichen der armseligen Qualität des glänzenden Elements treiben die Pailletten auf der Wasseroberfläche. Deutlich mehr am Scherz unter Kumpels und den bunten Ballons interessiert wagt Alberich einen Kopfsprung (2013–2014). Als Freia im Motel auf dem Bett liegt und man daran geht, sie mit Gold zu bedecken, glaubt niemand auch nur eine Sekunde lang, echte Goldbarren vor sich zu haben. Haufenweise auf die Arme geladen wissen wir ganz genau, dass es sich um vergoldete Plastikquader handelt.

 Im gesamten Ring finden wir in den Kleidern bestimmter Figuren Spuren des „Rheingolds“. Als mehr oder minder diskretes visuelles Leitmotiv mahnt es eine wortgetreue Lesart des Libretto an – eine Lesart, der zu folgen sich Castorf verweigert, wenn er Gold in schwarzes Gold transponiert. Im Rheingold erinnert das Goldlamékleid Erdas an die Aufmachung der alten Hollywood-Stars… ein goldenes Zeitalter. Ob Siegfrieds Weste oder das Kleid Brünnhildes bei ihrer „Selbstverbrennung“, die Helden tragen als Unterscheidungsmerkmal ihres sozialen und medialen Status Goldlamé oder Pailletten. Irgendwo zwischen Greta Garbo und Marilyn Monroe ist das „Goldene“ hier zwar Farbe der Macht, doch gründet sie nicht wesentlich darauf. Als Beweis mag die unmögliche goldverzierte Jacke dienen, in die Mime im Rheingold schlüpft…

Erda (Nadine Weissmann)

 

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