„Buna“ (von BUtadien und NAtrium) bezeichnet einen synthetischen Kautschuk.

Zur riesigen Leuchtschrift, die das Bühnenbild der Götterdämmerung mit ihrem „Plaste und Elaste aus Schkopau“ erhellt, haben die Neugierigsten versucht Schkopau auf der Landkarte zu finden. Es ist nicht sicher, ob den aufmerksamen Betrachtern die Krönung der gigantischen Werbetafel (in den Farben Deutschlands…) aufgefallen ist, jenes Medaillon, das den Namen der Firma Buna enthält :

 

 

 

Castorf betont, dass das Erdöl, seine Gewinnung und seine Derivate sicher Teil der kapitalistischen, aber auch so sehr Teil der kommunistischen Kultur sind (die wir weniger kennen), dass es zu einem Emblem wird. In der allgemeinen Anklage des Öl-Golds als Faktor der Zerstörung hat die DDR somit ihren Platz ein und ihre Bedeutung.

 Die Geschichte der Firma Buna[i] ist emblematisch für diesen transideologischen Werdegang des Öls.

 Im Zentrum der Angelegenheit finden wir die Herstellung synthetischen Kautschuks nach einem von der (1925 gegründeten) IG Farben Ende der 20er Jahre erfundenen Verfahren. Wenn die Möglichkeiten der Entwicklung und Verwendung nicht unmittelbar gesehen wurden, so ließ die Machtergreifung der Nazis und die Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges sehr schnell das ganze Potential einer Produktion erkennen, die Deutschland von der äußeren Abhängigkeit in der Rohstoffversorgung befreite. In Folge wurden also mehr als eine Milliarde Mark in drei Zentren in Sachsen-Anhalt (nahe Halle) investiert : Leuna, Bitterfeld und Schkopau. „Buna“ wurde zum Gattungsbegriff für synthetischen Kautschuk, hat aber auch andere Produkte entwickelt (nicht zuletzt mit AGFA Color den Farbfilm für Fotoapparate).

Die Produktion von Petroleumderivaten gewinnt im Zweiten Weltkriegs an strategischer Bedeutung und entwickelt sich insbesondere durch die geringen Kosten der Produktion mit billigen Arbeitskräften. Das Reichswirtschaftsministerium beschließt, in Schlesien einen petrochemischen Komplex bestehend aus Fabriken von Krupp, Siemens und IG Farben anzusiedeln. Nach und nach fügt man den billigen „Fremdarbeitern“ Zwangsarbeiter hinzu. Im März 1941 kommt es zur Übereinkunft zwischen der IG Farben und Himmler, aus Auschwitz „vernichtbare“ Arbeiter zu liefern, soll heißen Schinderei bis zum Tod in einer „Buna-Werke“ genannten Fabrik. Monowitz-Buna wurde bald darauf das dritte Konzentrationslager von Auschwitz (Auschwitz III) und das größte von Auschwitz betriebene „Arbeitslager“.[ii]

Buna ist daher mit der Vernichtung der Juden verbunden, im Dienste der deutschen Ökonomie und auf Grundlage ihrer Macht, symbolisiert durch die IG Farben, die kurz nach Kriegsende zunächst aufgelöst werden sollte.[iii] Ein Vorzeichen, das mit Alberichs Ausbeutung des Nibelungenvolkes zur Goldherstellung in Rheingold enthalten ist. Alberich hat der Liebe abgeschworen und trachtet nach nichts anderem als der Herrschaft über die Welt und die Menschen.

Auschwitz ist das absolut Böse, ist seinerseits Produkt einer Absage an die Liebe, das heißt, an den Menschen. Einmal mehr stellt Castorf furchtbare Näherungen her, prangert schrecklich angemessen die Mechanismen an, die vom Hunger nach Gold und Macht in Gang gesetzt werden. Aber er geht noch weiter : indem er Buna-Schkopau wieder zum Symbol der Reindustrialisierung der DDR macht  („Plaste und Elaste aus Schkopau“), setzt er die sozialistische DDR in die direkte Kontinuität der „Buna-Werke“, dem doppelten Symbol von faschistischer Reindustrialisierung und der Hölle von Auschwitz.

So schließt sich der Kreis : Gold = Öl = Macht = ideologisches Symbol = Krieg = Vernichtung. Sozialistische DDR, faschistisches Deutschland und entstehende kapitalistische Welt : Der gleiche Kampf, zerstörerisch und tödlich… So bezeichnet die spektakuläre Leuchtreklame der Götterdämmerung über ihre zahlreichen Bezugnahmen – von der DDR über den Nationalsozialismus bis Auschwitz – die Abenddämmerung, den Niedergang des Menschen.

 

[i]Die Buna-Werke feierten im April 2016 ihren 80. Geburtstag (http://www.mdr.de/nachrichten/jubilaeum-buna-werk-schkopau-100_zc-fd08c406_zs-950f04ff.html)

[ii]Buna war das erste von einem privaten Industrieunternehmen geplante und finanzierte Konzentrationslager, das ausschließlich für die Zwangsarbeit von Häftlingen vorgesehen war.

[iii]Die einzelnen Bereiche wurden in Teilfirmen umgewandelt, das Abwicklungsverfahren zog sich über 60 Jahre hin.

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