Die AK-47 (auf russisch : Автомат Калашникова, "Avtomat Kalachnikova"), Ikone revolutionärer Erhebungen und der Guerilla mit kleinem Geldbeutel, hat im zweiten Akt des Siegfried einen sehr bemerkenswerten Auftritt. Als der turbulente Siegfried Castorfs Fafner gegenübertritt, zieht er diese robuste und effektive Feuerwaffe seinem Schwert Notung vor. Die Szene ist derart realistisch, dass die Leitung des Schauspielhauses es für gut befand, mit Plakaten auf den Effekt hinzuweisen, den die Verpuffungen der Salven bei einem Teil des Publikums auslösen könnten (was 2003 der Fall war). Der wilde Siegfried hat damit kein Problem, genährt mit der Milch marxistisch-leninistischer Ideologie von einem Mime, der entfernt an Berthold Brecht erinnert. Der Mord an Fafner spielt sich am Fuße jener merkwürdigen Version des Mount Rushmore ab, unter den Blicken der Schutzgötter der kommunistischen Welt.

 

Wenn Siegfried zum Ende des ersten Aktes drohend seine Kalaschnikow durch die Luft der Schmiede schwingt, versteht der Betrachter diese Geste unmittelbar als Anspielung auf die berühmte linksradikale Terroristengruppe der 1970er Jahre : Die Rote Armee Fraktion (RAF). Im Allgemeinen wird mit der Gruppe ein Klima politischer Gewalt in Verbindung gebracht, die im "Deutschen Herbst" kulminierte. Die Hauptverantwortlichen der RAF wurden 1977 tot in ihren Zellen gefunden, die Gruppe aber existierte weiter bis sie sich 1998 auflöste.

Wenn wir vom Prinzip ausgehen, dass das Ringen um die Macht (Gold oder Ring) sich über die physische Vernichtung der Besitzer des Rings vollzieht, ist Fafner das prädestinierte Opfer – hier metaphorisch mit jenem Imperialismus assoziiert, gegen den Baader und seine berühmte Bande kämpfte. Ausgehend vom Prinzip, dass jede Radikalisierung in sich den Keim der Zerstörung und der Herabwürdigung des menschlichen Geschlechtes trägt, unterscheidet Castorf nicht zwischen „guter“ und „böser“ Ideologie. Der „Held“ Siegfried wird instrumentalisiert, um ihn zum blinden Kämpfer im Dienst des Totalitarismus zu machen. Der Plan des Mime scheitert jämmerlich : Seine „Kreatur“ entzieht sich ihm, er selbst schließt sich bald Fafner in der Reihe der Opfer an. Die Ideologie tötet sogar diejenigen, die programmiert wurden, sie zu propagieren. Die physische und intellektuelle Ähnlichkeit, die Castorf zwischen Siegfried und Andreas Baader etabliert, macht den romantischen Mythos zunichte, indem er die Handlungen auf das Terrain moralischen Ambiguität verschiebt, die man zugleich einem Widerstandskämpfer und einem Mistkerl zuschreiben kann.

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