Bayreuth 2013 : Der Vorhang öffnet sich über einem Skandal. Katharina Wagner weiß, dass sie mit der Einladung an Frank Castorf, den Ring zu Wagners zweihundertstem Geburtstag zu inszenieren, einen großen Coup gelandet hat. Für diese Gelegenheit hat das enfant terrible der deutschen Bühne eine dezidiert neuartige Szenografie entworfen, deren roter Faden eine Allegorie und eine Analyse des heutigen Deutschland ist, eingefangen vom Blick eines gebürtigen Ost-Berliners.

 In Frankreich noch kaum bekannt – mit Ausnahme der zwei Produktionen (La Dame aux Camélias und Die Hamletmaschine), die beim Publikum im Pariser Théatre de l'Odéon für Empörung sorgten – will Frank Castorf, jenseits aller Maßstäbe aus dem Werk des unerträglich und emblematisch deutschesten aller deutschen Komponisten eine Theatermaschine machen. Der Intendant der Berliner Volksbühne stellt seine Absichten klar heraus : alle Definitionen der Moderne (inklusive Chéreau) gegen den Strich bürsten und aus dem Festspielhaus den Ort eines theatralen Erdbebens machen. Wie so oft auf dem Grünen Hügel geht dem Erfolg eine Aura des Skandals voraus. Eine Generation später dann treten Loblieder an die Stelle der Buhrufe, als ob die Revolution stets im Konservatismus erstarrte. Für ein gewisses Publikum aber bleibt auch die vierte Ausgabe dieser Inszenierung untragbar, jenes, das ihre Ideologie nicht erträgt…

 Auf dass Frank Castorf nicht einbalsamiert in einen Erfolg endet, der die Reichweite seiner Arbeit vergessen lässt, haben wir es als nützlich erachtet, ein Inventar der konstitutiven Elemente dieser Inszenierung aufzustellen. Die Form des Lexikons schien uns sowohl seiner intellektuellen wie ironischen Persönlichkeit als auch seinem Zugang angemessen. Es geht keinesfalls darum, sich in semantischen Spitzfindigkeiten zu verlieren ; vielmehr sollen die passenden, aufeinander bezogenen Elemente Reflexionen rund um die Inszenierung auslösen. Das D wie Deutschland schien uns der adäquate Einstieg in die Materie, geeignet, damit zu beginnen, Absichten und Strukturierung eines Rings zu beleuchten, den man ohne Einschränkung stets aufs Neue wieder sehen kann.

Foto Credit : © Andreas Deinert

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